Nicht nur die Preise steigen, sondern auch die Privatinsolvenzen
Eine so hohe Steigerung der Verkaufspreise im Großhandel wie zwischen Oktober 2020 und Oktober 2021 hatte es zuletzt im März 1974 gegeben: Die Preise stiegen durchschnittlich um 15,2 Prozent. Zur damaligen ersten Ölkrise kletterten die Großhandelspreise um 15,8 Prozent. Im September 2021 lag der Anstieg gegenüber dem Vorjahr bei +13,2 Prozent und im August 2021 bei + 12,3 Prozent.
Mineralölerzeugnisse verteuerten sich zwischen Oktober 2020 und Oktober 2021 um 54,7 Prozent. Der hohe Anstieg der Großhandelspreise wird unter anderem durch stark gestiegene Preise für viele Rohstoffe und Vorprodukte verursacht. Weitere besonders hohe Preisanstiege gab es gegenüber dem Vorjahr im Großhandel mit Altmaterial und Reststoffen (+81,2 Prozent) sowie mit Erzen, Metallen und Metallhalbzeug (+60,9 Prozent).
Erheblich stiegen auch die Preise im Großhandel mit Roh- und Schnittholz (+48,4 Prozent) sowie mit Getreide, Rohtabak, Saatgut und Futtermitteln (+26,8 Prozent).
Brotgetreide und Backwaren
Der Getreidepreis stieg im September im Vergleich zum Vorjahresmonat um 33,3 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am 15. November mit. Auch der Preis für Speisekartoffeln erhöhte sich „bemerkenswert“ um 35,5 Prozent.
Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks hob hervor, dass sich kurzfristige Preissteigerungen beim Getreide nicht unmittelbar auf die Verkaufspreise auswirken müssten. Viele Bäcker hätten langfristige Lieferkontrakte für Mehl ausgehandelt und seien von den aktuellen Preissteigerungen „nur mittelbar betroffen“, sagte Hauptgeschäftsführer Daniel Schneider.
Gleichwohl gebe es derzeit eine Summe an Faktoren, die Produktion und Verkauf von Backwaren verteuerten. Ein deutlich größerer Posten als die Rohstoffpreise sind bei den Handwerksbäckern laut Schneider die Lohn- und Energiekosten: Die Personalkosten machen rund 45 bis 50 Prozent aus, die Energiekosten weitere rund sechs bis zehn Prozent.
Steigender Mindestlohn verteuert Produktion
Der steigende Mindestlohn, der laut den Plänen der Ampel-Parteien künftig bei zwölf Euro liegen soll, verteuert zudem die Produktion von Backwaren. Eine Erhöhung des Mindestlohns führe dazu, dass das Lohngefüge insgesamt steigen werde – und Arbeitgeber würden sich gezwungen sehen, „auch die Entgelte über zwölf Euro anzuheben, um den Abstand zwischen gelernten und ungelernten Beschäftigten zu wahren“, erklärte Schneider.
Bei den Energiekosten gebe es eine unfaire Wettbewerbsverzerrung: „So sind die großen ‚Brotfabriken‘ teilweise von der EEG-Umlage befreit, weshalb sie noch günstiger produzieren können und über die Supermärkte den Handwerksbäckern Konkurrenz machen“, erläuterte Schneider. „Wir fordern daher, dass die EEG-Umlage nicht mehr von den kleinen Unternehmern und Verbrauchern gezahlt wird.“
Diese drei Faktoren zusammen, steigende Rohstoffpreise sowie höhere Lohn- und Energiekosten, könnten dazu führen, „dass Bäckereien ihre Kalkulationen anpassen müssen“.
Landwirtschaftliche Erzeugerpreise
Insgesamt stiegen die Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte um 13,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Für pflanzliche Produkte erhöhten sich die Preise sogar um 21,9 Prozent – Schnittblumen waren beispielsweise um 38,3 Prozent teurer, Salat um 20,6 Prozent. Dieser Preisanstieg ist vor allem auf wetterbedingte geringe Erntemengen zurückzuführen. Raps verteuerte sich gegenüber September 2020 um 49,2 Prozent.
Die Preise für tierische Produkte dagegen stiegen um 7,9 Prozent, wobei der Anstieg vor allem auf die Milchpreise zurückzuführen ist. Dieser lag im September 2021 um 13,1 Prozent über dem Vorjahresmonat.
Beim Schweinefleisch hingegen setzt sich der Trend der vergangenen Monate fort, die Preise sanken weiter um 6,5 Prozent. Grund ist die geringe Nachfrage im Handel und aus Ländern wie China, die derzeit wegen der Afrikanischen Schweinepest kein Schweinefleisch aus Deutschland kaufen.
Für Rindfleisch erhöhen sich hingegen die Preise, im Vergleich zum September 2020 um 20,1 Prozent. Bei Schafen und Ziegen wurden ebenfalls weiterhin steigende Preise beobachtet (September 2021 gegenüber September 2020: +20,2 Prozent).
Lieferengpässe im Baumarkt
Die globalen Verwerfungen in den Lieferketten setzen auch Deutschlands Bau- und Gartenmärkte unter Druck. Es seien „noch einige Zeit deutlich spürbare Auswirkungen“ für die Märkte zu befürchten, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Heimwerken, Bauen und Garten, Peter Wüst.
„Viele Lieferanten kündigen gerade flächendeckend ihre Verträge mit den Handelspartnern und avisieren massive Preiserhöhungen und Lieferengpässe.“ Vereinzelt begrenzten Händler Abgabemengen, „damit für alle Kunden Angebote vorhanden sind und nicht Einzelne ganze Warengruppen aufkaufen.“
Der Verbandsvertreter betonte, dass die Branche „traditionell sehr preisbewusst“ sei und weiter Wege finden werde, die Waren zu vergleichsweise attraktiven Preisen anzubieten. Ein Sprecher der Baumarktkette Bauhaus sagte mit Blick auf die Lieferketten, die Lage sei „sehr dynamisch und angespannt“. Man könne keine langfristige Aussage zu Lieferzeiten und Preisentwicklungen treffen.
Verbandsvertreter Wüst rechnet damit, dass die allgemeine Lage und damit die Verknappung der Rohstoffe sich in zwei bis drei Jahren reguliert. Im diesjährigen Weihnachtsgeschäft erwartet er in den Baumärkten und Gartenfachmärkten „nicht unbedingt eine weitere Zuspitzung“ der Lage. Dieser Abschnitt des Geschäftsjahres ist für die Branche eher unwichtig – erst im Frühjahr dürfte die Kundennachfrage wieder stark anziehen.
218 Prozent mehr Privatinsolvenzen
Bei der Anzahl der Insolvenzen muss zwischen Unternehmens- und Verbraucherinsolvenzen unterschieden werden.
Im August 2021 meldeten die deutschen Amtsgerichte 1.029 beantragte Unternehmensinsolvenzen. Das waren laut Statistischem Bundesamt 2,1 Prozent weniger als im August 2020. Im Vergleich zum August 2019, also vor der Corona-Krise, war die Zahl der Unternehmensinsolvenzen um 36,7 Prozent niedriger. Die am stärksten betroffenen Branchen sind das Baugewerbe, gefolgt vom Handel.
Zu beachten ist dabei, dass in den Jahren 2020 und 2021 zahlreiche Sonderregelungen galten, darunter die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen infolge der Corona-Maßnahmen. Für einige Unternehmen gilt diese erst wieder seit 1. Mai 2021. Auch aufgrund der Bearbeitungszeit bei den Gerichten sind die Zahlen nur bedingt aussagefähig.
Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen im August 2021 hat sich im Vergleich zum Vorjahresmonat mehr als verdreifacht. 5.779 Verbraucherinnen und Verbraucher stellten einen Insolvenzantrag, das war ein Anstieg um 217,7 Prozent gegenüber August 2020.
Seit dem 1. Oktober 2020 wird das Restschuldbefreiungsverfahren von sechs auf drei Jahre verkürzt. Es ist davon auszugehen, dass einige überschuldete Menschen ihren Insolvenzantrag zunächst zurückhielten, um von der neuen Regelung zu profitieren. (ks/dpa)
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